Dienstag, 24. Mai 2011

Die arme Kulturtunte

Kein Geld haben ist bedauerlich und relativ in den Griff zu kriegen. Gerade assümierte Intelektuelle haben damit jedoch wesentliche Probleme. Auch wenn so gut wie jeder gerne etwas über seinem Budget lebt, habe ich nie luxuriösere Allüren erlebt als bei langzeitarbeitslosen ehrenamtlichen Theaterkritikern. 300 von 400 monatlich verfügbaren Euro werden für Zigaretten und Bücher ausgegeben, von denen gut 2/3 für Immer in ihren verstaubten und überladenen Regalen landen werden, ohne jemals angelesen zu werden. Der Rest geht drauf, wenn sie sich mit Pressevertretern, homosexuellen Freunden und Jazzbarkollegen zum Umtrunk in zurück-zur-guten-Eckkneipe-Schuppen versammeln. Und wenn von irgendwo ein Bonus kommt, fliesst dieser direkt in eine materielle Sektlaune: Blockhütte in Canada, Bäume in Israel, Maniküre, Kreuzfahrt für Gebildete..

Wie kommt man also über die Runden? Man reserviert sich Presseplätze zu Theaterpremieren. Nach der Vorstellung findet man grundsätzlich ein mit feinen und ebenso prätentiösen Snacks bereitetes Buffet vor, und kostenlosem Wein. Und da wir in Frankreich sind, findet es keiner unfein, sich daran satt zu essen.
Dann die Freunde, deren finanzielle Unterstüzungsangebote stolz abgelehnt und anschliessend in Form von bezahlten Runden und Essenseinladungen oder überflüssigen Einkäufen wieder akzeptiert werden.

In einer typischen Speisekammer ergeben sich also merwürdige Kombinationen: Yogitee in Beuteln, Venusmuscheln im Glas. Biomöhrensaft aber Gaspacho aus dem Tetrapack, 5 erlesene Sorten Kaffeebohnen und 30-cent-Milch.

Es sind also nicht nur die "falschen" Prioritäten, die grundsätzlich in chronischer Bronchitis und Eisenmangel enden, sondern auch das parasitäre Festsaugen an bereits an sich parasitären Institutionen und Abläufen, ausserdem der Orientierung an halb literarischen, halb verschwenderischen Persönlichkeiten und schliesslich das Festhalten am Dauer-Literaturstudententraum der 70er Jahre.

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